Junge welt, 2.3.2011
Ausland
Heike Schrader, Athen
36 Migranten im Durststreik
Dramatische Lage der protestierenden Flüchtlinge in Griechenland
Die Lage der über 250 seit dem 25. Januar für eine Aufenthaltsgenehmigung hungerstreikenden Migranten in Athen spitzt sich dramatisch zu. Bis zum Dienstag mittag mußten bereits 42 Flüchtlinge mit Nierenversagen oder Herzbeschwerden ins Krankenhaus verlegt werden – 36 von ihnen waren innerhalb der vergangenen zwei Tage kollabiert. Die Lage der 50 Migranten, die in Thessaloniki die Nahrungsaufnahme verweigern, soll ähnlich aussehen. Genaue Zahlen von dort liegen allerdings nicht vor.
In Athen verweigern nunmehr seit Sonntag 36 an der Aktion Beteiligte die Aufnahme von Wasser und Salz. Mit dem Eintritt in den Durststreik sei es nunmehr vielleicht nur eine Frage von Stunden, bis das erste Opfer zu beklagen wäre, erklärte Thanasis Karabelis, einer der behandelnden Ärzte auf einer Pressekonferenz im Hof des Gebäudes in der Innenstadt, in dem ein Teil der Hungerstreikenden untergebracht ist. Die übrigen harren, geschwächt, wie sie sind, bei ungewöhnlicher Kälte in vom griechischen Roten Kreuz gestellten Zelten aus.
Während im In- und Ausland Hunderte Persönlichkeiten und Organisationen ihre Solidarität mit der Forderung der seit vielen Jahren im Land lebenden Hungerstreikenden nach Legalisierung ihres Aufenthaltsstatus bekundet haben, bleibt die griechische Regierung hart. Erst am Montag hatte Anna Dalara, Staatssekretärin im griechischen Arbeitsministerium, auf die Frage, ob das Kabinett den Tod der Migranten riskieren wolle, geantwortet, man respektiere den Kampf der Hungerstreikenden, ebenso aber auch die griechischen Gesetze.
Petros Giotis, ein Sprecher der griechischen Solidaritätskomitees mit den Protestierenden, betonte dagegen, daß es gerade die Gesetzeslage der Regierung erlauben würde, die Forderung der Hungerstreikenden mit einem einfachen Erlaß zu erfüllen.
Sie seien wütend, nach 35 Tagen Hungerstreik immer noch nichts außer Drohungen mit Repression und Abschiebung zu hören, erklärte Abdul Hatzi. Der Sprecher der Protestierenden berichtete von Versuchen der Polizei, die behandelnden Ärzte unter Druck zu setzen, um die Namen der ins Krankenhaus Eingelieferten zu erfahren. Wenn die Regierung zu lange zögere, würden die Migranten die Aufenthaltsgenehmigung für immer im Rollstuhl sitzend entgegennehmen müssen, so Hatzi.
Viele der Einwanderer stammen aus Nordafrika und leben seit langem in Griechenland. Sie hatten von Gelegenheitsjobs gelebt, deren Zahl vor dem Hintergrund der Finanzkrise stark gesunken ist, woraufhin viele Aufenthaltsgenehmigungen nicht verlängert wurden Zudem gelten die Zustände in vielen Flüchtlingslagern als unzumutbar.